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Torsten Körner „Geschichten aus dem Speisewagen“

Mai 27th, 2013 ·

Ein Jahr unterwegs sein im Speisewagen der Deutschen Bahn. Ein Jahr Muße für die Fahrt kreuz und quer durch Deutschland haben. Ein Jahr Geschichten von Mitreisenden sammeln und notieren. Wie eine Reise, die man selbst unternimmt, lesen sich die Erzählungen der Zuggäste, denen Autor Körner in diesem Jahr begegnete. Manchmal erfahren wir eine vollständige Lebensbeichte, manchmal den Anfang eines Glückmoments, manchmal das Ende eines Dramas.

Körner erzählt über die Fragmentarisierung von Zufallsbegegnungen wie wir sie tagtäglich und besonders beim Reisen erleben. Die Geschichten sind gefällig geschrieben und locker zu lesen. An einigen Stellen übertreibt der Autor sein schriftstellerisches Können mit literarischen Überhöhungen von Gesagtem oder Erlebtem. Dazu muten gewisse Assoziationen seltsam pubertär an, z. B. wenn Körner bei Begriffen wie „sanft, zart und raffiniert“ an Pornos denkt. Der Autor kann sich auch einige oberlehrerhaften Attitüden nicht verkneifen. So ärgert er sich über die Missachtung des Handyverbots im Speisewagen. Körner gesteht etwas später seine Pedanterie bei Vorschriften ein – was ihn schon wieder etwas sympathischer macht.

Bestechend an dem Buch ist die gekonnte Verflechtung zwischen den meditativen Augenblicken des Zugfahrens, die Zeit für den Blick nach draußen lassen und den lebhaften Momentaufnahmen, die die Mitreisenden dem Autor bescheren. Der Mensch ist eben eine Insel – und Torsten Körner hat einige von ihnen besucht.

3 von 5 Punkten

Tags: Reisen