lesezeit.info header image 2

Siri Hustvedt „Der Sommer ohne Männer“

April 24th, 2013 ·

Nach über einer Woche kann Schriftstellerin Mia die Psychiatrie verlassen. Akute psychotische Störung lautet die Diagnose. Auslöser des Zusammenbruchs ist eine handfesten Krise nach 30 Jahren Ehe mit Neurowissenschaftler Boris. Der pflegt seit einiger Zeit ein Verhältnis mit seiner jungen Assistentin. Mia kehrt Mann, Klink und New York den Rücken, um in ihrer Geburtsstadt Bonden – einer fiktiven Provinz in Minnesota – den Sommer bei ihrer Mutter zu verbringen.

Während ihres Genesungsprozesses freundet sich Mia mit der Nachbarin an, verbringt Zeit mit den betagten Freundinnen ihrer Mutter und unterrichtet sieben pubertierende Mädchen im kreativen Schreiben. Auch Boris meldet sich wieder und ein mysteriöser Mr. „Niemand“ verstrickt Mia via Mail in philosophische Diskurse. Das Buch hätte richtig gut werden können, wenn Siri Hustvedt („Was ich liebte“) dem Drang, ihr umfassendes Wissen über Psychologie, Literatur und Philosophie ins Buch zu packen, nicht nachgegeben hätte.

Sie füllt ganze Abschnitte mit ermüdenden Ausflügen in die Geisteswissenschaft, deren Sinn sich im Hinblick auf die Hauptgeschichte nicht erschließt. Mias Entwicklung aus der Krise ohne den akademischen Schnickschnack hätte völlig genügt, denn die Autorin vermag der bekannten Konstellation „Mann verlässt Frau“ durchaus neue Ideen hinzuzufügen. Schauspielerin Eva Mattes liest das Buch in der ungekürzten Fassung. Ihre zurückhaltende, dennoch ausdrucksvolle Betonung bereitet Freude und verhindert bei langweiligen Stellen den Sekundenschlaf. Allerdings will ihre hohe Stimme nicht so recht zur starken Mia passen. Das Hörbuch ist unterhaltsam, liegt aber auf allen Ebenen immer ein klein wenig daneben.

Bewertung: 3 von 5 Punkten

Tags: Belletristik · Hörbücher