Ende der 1960er Jahre, Ost-Texas: Der 13-jährige Stanley ist mit seinen Eltern, seiner älteren Schwester Caldonia und Familienhund Nub 100.000-Seelen-Örtchen Dewmont gezogen. Der Vater hat dort ein Autokino erworben, bei dem die ganze Familie mit anpackt. Zum Haushalt gehören außerdem die schwarze Haushälterin Rosy Mae und der Filmvorführer und Ex-Polizist Buster, ebenfalls schwarz. Der Sommer von Stanley könnte, eingebettet in dieses harmonische Familiengefüge, nicht besser beginnen, wenn da nicht dieser geheimnisvolle Doppelmord vor 20 Jahren geschehen wäre.
Den roten Faden der Geschichte bildet zwar der Kriminalfall um die mysteriösen Morde, die Stanleys Neugier wecken. Lansdale („Guthitze“, „Kahlschlag“) schafft allerdings viel mehr als einen Krimi. Der Autor lässt die Suche nach dem Mörder und die Coming-of-age-Geschichte Stanleys in einer Zeit und einem Ort spielen, in dem die Hautfarbe bedeutend war. Selbst im reaktionären Teil der USA zeigten sich zehn Jahre vor Martin Luther Kings bahnbrechender „I have a dream“-Rede zaghafte Emanzipationsschritte, exemplarisch entlang der Figuren Rosy Mae und Buster erzählt.
Außerdem gelingt es Lansdale, die Atmosphäre jener Zeit mit sommerlicher Leichtigkeit wiederzuerwecken. Grandios sind die Szenen mit Stanley und seinem Freund Richard. Sie beschwören das schönste Huckleberry-Finn-Tom-Saywer-Feeling. Garniert ist der Roman mit dem typischen Lansdale-Witz aus perfekt getimten Dialogen und treffsicherer Situationskomik. Kombiniert mit Spannung und politischem Hintergrund liest sich der Roman herzerfrischend.
5 von 5 Punkten